Ein gutes Verhältnis zum Arzt wirkt schmerzlindernd

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Eine starke Placebowirkung ist bei Schmerzen bekannt. Dies zeigt sich nun auch bei der Akupunkturbehandlung. Sie ist effektiver, wenn sich der Arzt Zeit nimmt für die Patienten.

Wie effektiv schmerzlindernde Therapien wirken, hängt unter anderem von psychischen Faktoren ab. Von grosser Bedeutung ist dabei die Erwartungshaltung. So schlägt die Behandlung gemeinhin umso besser an, je mehr der Patient an deren Erfolg glaubt. Aber auch eine gute Beziehung zum Arzt scheint hierfür wesentlich zu sein. Was schon früher beobachtet wurde, zeigen nun auch die Erkenntnisse eines internationalen Forscherteams um Dan-Mikael Ellingsen von der Universität Oslo.

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Wie gut die Akupunktur bei Schmerzen wirkt, hängt auch von der Beziehung zum Arzt ab.

Gestützt auf moderne Verfahren, darunter Hirnscans mit der funktionellen Magnetresonanztomografie und eine Software zur Erfassung von Veränderungen der Mimik, hatten die Wissenschafter untersucht, wie sich ein gutes Verhältnis zum Arzt auf das Ergebnis einer Schmerztherapie mittels Akupunktur auswirkt. 

Gewinnen konnten sie für ihr Projekt insgesamt 22 Ärzte mit Erfahrung in Akupunktur und 23 Frauen mit Fibromyalgie, einem chronischen Schmerzleiden. Alle Patientinnen hatten sich bereit erklärt, an zwei unterschiedlichen Tagen jeweils mehrmals hintereinander ein mässig schmerzhaftes Ereignis über sich ergehen zu lassen. Dieses bestand im Aufblähen einer um die Wade gelegten Manschette, einer ähnlich unangenehmen Prozedur wie die Kompression des Oberarms zur Messung des Blutdrucks. Aufgabe der Ärzte war es, die durch die Wadenkompression verursachte Missempfindung mithilfe der Akupunktur zu lindern. Die hierzu dienenden Nadeln waren an schmerztherapeutisch relevanten Punkten angebracht und liessen sich elektronisch steuern. Die beiden Versuchsreihen unterschieden sich dabei nur in einem Aspekt: An einem der beiden Tage lernten die Patientinnen den behandelnden Arzt in einem Vorgespräch kennen und am anderen Tag nicht.

Die Ärztin-Patient-Beziehung ist entscheidend für den Behandlungserfolg

Wie sich zeigte, übte ein gutes Verhältnis zum Arzt einen erheblichen Einfluss auf die Wirksamkeit der Therapie aus. So linderte die Akupunktur die Schmerzen viel mehr, wenn sich die Patientin mit dem behandelnden Arzt vorher eingehend unterhalten hatte, als wenn dies unterblieb. Je mehr Vertrauen die Probandin ausserdem zu dem Mediziner gefasst hatte, desto ausgeprägter war der schmerzstillende Effekt der Behandlung. 

Die Qualität der Beziehung zwischen Arzt und Patientin ermittelten die Studienautoren anhand von Fragebögen und prüften zudem, ob sie sich über die Gesichtsbewegungsanalyse und die Hirnscans objektivieren liess. Das war tatsächlich der Fall. Als ein wichtiger Gradmesser eines guten zwischenmenschlichen Verhältnisses erwies sich dabei einerseits der Gleichtakt der Gesichtsbewegungen. So war das Einvernehmen von Arzt und Patientin umso besser – und der schmerzstillende Effekt der Behandlung mithin umso grösser –, je mehr sich die beiden bezüglich ihrer Mimik und der darin zum Ausdruck kommenden Gefühle, etwa Ängstlichkeit und Freude, entsprachen. Das Gleiche galt für die Aktivität jener Hirnareale, die an der Steuerung von sozialen Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen und Empathie beteiligt sind.

Die Ergebnisse der neuen Studie könnten eine Erklärung dafür sein, dass die Akupunktur in manchen wissenschaftlichen Untersuchungen gut und in anderen schlecht abschneidet und in wieder anderen selbst dann erstaunliche Erfolge verbucht, wenn die Nadeln in «falsche», also nicht dem Standard entsprechende Körperstellen eingeführt wurden. Darüber hinaus sind die Erkenntnisse des internationalen Forscherteams ein Fanal für die Bedeutung der sprechenden Medizin. So gibt es unzählige Hinweise, dass der zwischenmenschliche Kontakt ein wichtiges, wenn nicht das wichtigste Standbein einer erfolgreichen Therapie ist. Selbst das beste Medikament kann nur wenig bewirken, wenn es dem Arzt nicht gelingt, ein gutes Vertrauensverhältnis zu dem Patienten aufzubauen und diesen von der Notwendigkeit einer konsequenten Tabletteneinnahme zu überzeugen. Anders als vielfach befürchtet, dürfte der gute Arzt daher auf absehbare Zeit kein Auslaufmodell sein.

Erstmals erschienen in der NZZ am 21.10.2020.

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